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ARSCHÄOLOGIE

Denn durch eure Männerleiber
Geht ein Konkurrenzgetriebe,
Sei es Ehre, sei es Liebe,
Doch dahinter stehen Weiber.

(Wilhelm Busch:„Kritik des Herzens“)

Sexualität ist, wenn nicht eine der Gottesgaben, so doch eine Urgewalt, immer wieder überraschend, immer wieder wild, chaotisch verwirrend und verwirrlich und doch immer wieder auch so rücksichtsvoll, zärtlich, und dies nicht nur im fortgeschrittenen Alter, in der zweiten oder gar dritten Pubertät. Wie anders könnte es geschehen, so hat sich schon mancher gefragt, dass überhaupt immer wieder neues Menschenleben entsteht, vor allem in den ärmsten Gegenden unserer Welt, aber auch angesichts von Katastrophen und Zukunftsängsten jeder Art. Und was wir Menschen mit dieser Urgewalt, mit dieser Gottesgabe machen, wähnend, wir seien hier letztlich die verantwortlichen Gestalter, ist in den besten Augenblicken herrlich schön, göttlich, berauschend und immer wieder auch gefährlich, bedrohlich und in letzter banaler Vereinzelung dumm, lächerlich oder dämlich.

Dumm oder gar dämlich, so hörte man neulich sagen und konnte es in manchem ehrenwerten Blatt lesen oder am trauten Fernseher erleben, war unlängst das auf etwas dubiose Weise ins öffentliche Bewusstsein gedrungene Verhalten eines Politikers, dumm und keineswegs männlich, oder doch auf ganz bestimmte bestimmte Art und Weise männlich, weil er Selfies seines reifen nackten Körpers, wo er für viele am aufregendsten ist, einer ihm bekannten Frau geschickt hat, einer Frau, deren eigenwillige Neugier fürs Geschlechtliche er auf besondere Weise einzufangen und auf seine Weise zu befriedigen versuchte. Und dieser Politiker, ein gewählter Vertreter des Volkes, tat dies nicht etwa mit Hilfe eines frankierten oder amtlichen portofreien Briefes sondern rasch und unkompliziert unfrankiert elektronisch in der Meinung, diese lustvolle Botschaft sei doch ebenso selbstverständlich sicher und unverräterisch wie beim herkömmlichen Briefeverschicken, ein ganz privater Vorgang, der nur die Betroffenen angehe, dem Sender und Empfänger, und niemand anderem sonst.

Nicht nur dumm sondern unverzeihlich war dies Verhalten, so sagten alsbald laut und deutlich viele wachsam anständige Bürgerinnen und Bürger, denen so etwas nicht einmal im Traum, an einem trinkseligen Volks- oder Betriebsfest oder an der alljährlichen Fasnacht einfallen würde. Unmöglich dieser Politiker! Schändlich! Und welcher Partei gehört dieser Ungehörige überhaupt an? Der wird doch wohl nicht auch noch verheiratet sein? Unbegreiflich und auf jeden Fall unverzeihlich, was sich dieser Amtsträger erlaubt hat, und dies ausgerechnet während der Arbeitszeit. Wenn man sich das vorstellt: während der Arbeitszeit! Nicht in der Nacht. Nein, am helllichten Tag. Das war und ist für viele offenbar der wunde Punkt, ein zusätzlich wunder Punkt: am helllichten Tag, während der Arbeitszeit und dazu, es ist nicht zu fassen, dazu drittens aus der geschützten Behausung einer ehrwürdigen, frisch gereinigten und ordnungsgemäss belüfteten Amtsstube heraus. Wenn man sich das alles so richtig und in aller Ruhe und in allen Einzelheiten vorstellt. Abscheulich! Widerlich! Mitten in der Arbeit, am helllichten Tag, mitten aus einer frisch gereinigten und belüfteten Amtsstube heraus.

Nein, das darf einfach nicht wahr sein!

Aber es ist die Wahrheit.

Diesen öffentlichen Unwillen aller Anständigen, Braven und Unlustigen musste wenige Tage zuvor auch eine Mitarbeiterin der Bundesverwaltung in Bern erfahren, die ein Bild, das heisst auch hier ein spontanes Selfie ihres entblössten reifen Oberkörpers elektronisch in die Welt hinausschickte, und dies angeblich nicht etwa auf Wunsch eines Partners oder Partnerin oder einer anderen interessierten Person, auch nicht als gezielter Protest, nichts da also von so was wie Feme, vermutlich im Übermut, so scheint es, als ein mutiger oder doch mutwillig anmutender kreativer Akt, der jedoch umgehend von vielen als üble Provokation empfunden wurde. Aber auch hier freizügige Selfies am helllichten Tag während der Arbeitszeit aus einem Arbeits- und Amtsraum heraus auf höchster Ebene, auf Bundesebene eben.

Aber wer interessiert sich heutzutage überhaupt noch für einen Voll- oder Teil-Akt, der nicht irgendwie und irgendwo nachhaltig provoziert?

Soll doch keine oder keiner mehr mit dem Stereotyp daherkommen, Beamte seien langweilige Leute. Stellt euch das vor! In beiden genannten Fällen während der herausfordernden Arbeitszeit, einmal in Bern, das andere Mal auf kommunaler Ebene in Baden, einem seit Urzeiten bekannten Lust- und Badeort an der wie immer so lustlos dahinfliessenden Limmat. Aus einem Amtsgemach heraus. Möglicherweise gar in einem Augenblick, während dem Kolleginnen und Kolleginnen wie schon so oft unauffällig emsig im Internet nach erotischer, sexueller oder gar pornografischer Ablenkung und Erfrischung suchten.

Die prompte Reaktion bei dieser selbstherrlich dämlichen Aktion in Bern bemerkenswert: sofortige Suspendierung durch den seiner Verantwortung bewussten Vorgesetzten. Und der war vermutlich ordentlich verheiratet oder hoffentlich in einer anständigen Beziehung, nein, der muss verheiratet gewesen sein, hat wohl den Ehering ständig am üblichen Finger getragen, ausser in den hier nicht weiter zu beschreibenden Ausnahmesituationen.

Der unverzeihlich dämliche Politiker ist nicht suspendiert worden. Er konnte offenbar nicht suspendiert werden, weil er vom Volk gewählt worden ist und nichts getan hat, was gemäss geltendem Recht strafbar sein könnte. Aber moralisch hat er sich zweifellos vielerorts mindestens in ein ungünstiges Licht gesetzt. Er hat sich moralisch angreifbar gemacht, so konnte man in manchen Kommentaren lesen oder hören. Er wird vermutlich zunächst von der Mehrheit seiner Amtskollegen und -kolleginnen und wohl von vielen anderen anständigen, braven, pflichtbewussten Leuten geschnitten, gleichsam bespuckt, herabgewürdigt und in der Ausübung seiner Funktion absichtsvoll behindert. Er ist jedoch glücklicher- oder dummerweise vom Volk gewählt. Und Volkes Wort ist Gottes Wort oder doch beinahe wie Gottes Wort. Und das Volk kann ihn deswegen erst bei der nächsten Wahl nicht eigentlich suspendieren sondern aus dem Amtsgemach entfernen, aus dem heraus er diese kompromittierenden Nacktbilder gesendet hat, in der dämlichen Meinung, dies sei ein ganz privater und vor der Öffentlichkeit geschützter oder gar zu schützender Vorgang.

Arbeitszeit ist nicht in jedem Fall sexfreie Zeit. Davon haben wir ja soeben hoffentlich mit genügender Ausführlichkeit berichtet. Zu diesem ineressanten Thema wäre noch viel zu sagen. Darauf kommt man halt, wenn man nicht umhin kann, noch weiter nachzudenken. Da muss man genau hinsehen und dann überdies in der Lage sein zu differenzieren. Eine Hure, eine Sexarbeiterin oder ein Callboy, ein Strichjunge zum Beispiel würde wohl für dämlich oder dumm gehalten zu werden , sich in ihrer, bzw. seiner arbeitsfreien Zeit, in ihrer, bzw. seiner herrlichen Freizeit sexuellen oder sexoiden, bzw. parasexuellen oder gar pornografischen Betätigungen hinzugeben. Oder vielleicht ganz einfach zu müde.

Doch hüten wir uns, in unserem hoffentlich verständlichen Eifer, auf ein Nebengeleise zu geraten!

Kehren wir noch einmal ein in die heilsam luzide Comicwelt von Wilhelm Busch, den wir bereits eingangs zu zitieren nicht entbrechen konnten.

Dummheit ist auch eine natürliche Begabung.

So lesen wir bei ihm und nicken mit ihm, nicht hämisch, nein, leicht verwirrt, verständnisvoll. Und wir ergänzen ohne Scheu oder falsche Scham: auch die Sexualität ist eine natürliche Begabung. Und fügen sogleich bei: ebenso das Macht- und Geltungsstreben.

Und Wilhem Busch reimt an anderer Stelle weiter:

Erwischtes Laster verzeiht eher als erwischte Dummheit.

Dumm und lasterhaft sind zumeist und fast immer nur die anderen, wenn man einfach so hinschaut und sich nicht durch irgendeine innere Stimme beirren lässt, das ist doch klar, und das gibt uns die Sicherheit, die wir für die Bewältigung unseres Alltags brauchen. Und davon lebt ja die dauernd an- und aufregende Dynamik der menschlichen Gesellschaft, die Lebendigkeit unserer Kultur, angetrieben nicht zuletzt vom Sexus, aber auch vom Macht- und Geltungsstreben bis hin zum Selbstwertstreben. Und darum ist die menschliche Gesellschaft auch so unruhig, lebendig, so reich an Zwischenfällen, die nicht nur laufend billiges Futter abgeben für die Boulevard-Presse und fürs Internet, nein, auch für anständige Redaktionsstuben, für die Oper, fürs Theater ganz allgemein, also auch für Schriftsteller und nicht zuletzt für Dichter und Dichterinnen.

In dieser Dynamik zu leben und dabei zu überleben ist immer wieder eine Herausforderung. Und wohl wohl immer eine Frage des Glücks.

Aber der ins moralische und kommunikative Abseits geratene Politiker hat doch kurz nach dem Bekanntwerden seiner Tat mutig, offen und ehrlich gesagt, dass das elektronische Verschicken des Bildes seines nackten Körpers, wo er am wunderbarsten und deshalb verwundbarsten ist, an eine Bekannte, welche sich diese Bilder offenbar ausdrücklich erbeten hat, eine grosse, sehr grosse Dummheit war, und das bereue er zutiefst.

Dumm war vor allem, dass diese elektronische Transaktion entdeckt worden ist. So was nennt man doch Schicksal oder Künstlerpech.

Vielleicht sind unserem Politiker seine Reue und seine entschuldigenden Worte nachher doch auch etwas seltsam vorgekommen.

Warum? Wir leben doch in einer Gesellschaft, in der Sexuelles und Erotisches zwar in aller Öffentlichkeit grosszügig mehr ausgebreitet als mit innerer Überzeugung und ursprünglicher Kraft ausgelebt wird, in der aber immer wieder merkwürdig strenge Regeln, Moralvorstellungen und Rücksichtnahmen zum Durchbruch kommen, die allzu leicht Gefahr laufen, als Macht- und Manipulationsinstrument gebraucht und missbraucht zu werden. Wer hat nicht schon mit der Möglichkeit geliebäugelt, geheime ungünstige und vor allem anrüchige Informationen über seinen Widersacher an eine der bekannten Redaktoren zu schicken? Oder wenigstens an die treue Gattin?
Ich erinnere mich vor Jahren in einer anthropologischen Abhandlung folgendes gelesen zu haben: in einem „primitiven“ Dorf weit weg von unserer westlichen Zivilisation sei es ab und zu vorgekommen, dass sich ein anständiger, unauffälliger Einwohner, ein braver Familienvater von einer Palme herab in den Tod gestürzt habe. Weshalb? Ein unauffällig anständiger Mitbürger habe eines Tages öffentlich, das heisst wohl auf dem Dorfplatz, laut ausgerufen, dass jener Mann, der jetzt tot unter Palme liegt, nächtlicherweise bei einer fremden Frau geweilt habe. Dieses Fremdgehen sei aber üblich im sonst braven Dorf und allen Bewohnern, auch dem Ausrufer des Dorfes, bekannt gewesen. Erst das laute öffentliche Ausrufen hätte zur tödlichen Katastrophe geführt. So lautet also die Botschaft aus einem „primitiven“ Dorf aus dem schwarzen Afrika und nicht etwa aus einem Palmenhain der katholischen Kirche.

Wer ist ein Doping-Sünder?

Einer, der erwischt worden ist. Blöd, aber für uns alle jetzt wohl ohne weiteres verständlich.

Kehren wir zurück auf unseren Weg, zurück zur vermuteten Annahme, unserem Politiker seien seine entschuldigenden Worte nicht nur nachträglich etwas seltsam vorgekommen sondern schon vor seiner mutigen Pressekonferenz.

Er, der dämliche Politiker, ebenso die Mitarbeiterin in Bern aber auch wir sehen uns tagtäglich mit Bildern, Worten, Darstellungen, Schilderungen von Sexuellem konfrontiert und immer wieder belästigt beim täglichen Bedrängtwerden durch die allgegenwärtige Reklame, auch wenn wir das eigentlich gar nicht wünschen. Öffne ich da eine ordentliche Tageszeitung, lese ich nicht nur, dass da wieder ein Amerikaner von vermummten Leuten der IS geköpft worden ist, ich muss mir zuvor irgend so eine Nackedei ansehen, neuerdings aber auch knapp oder gar unbekleidete Ärsche in allen Grössen und Formen und Farben. Ärsche vor allem von mir unbekannten Frauen, seltener von Männern. Und wie steht es hier mit der Gleichberechtigung, könnte man zusätzlich kritisch ins Spiel bringen? Und gibt es da nicht auch schon längst einen beliebten Wein aus Bernkastel an der Mosel mit dem süffigen Namen «Kröver Nacktarsch » ?

« Mein Höschen ist schon feucht » steht da in der beliebten, weit verbreiteten Tageszeitung, was mich überhaupt nicht interessiert, denn ich will lesen, ob unsere Fussballer gestern Nacht doch noch gewonnen haben. Und was bekomme ich weiter zu Gesicht ? « Tritt hinten ein ! », « Ich polier dir die Stange », « Verdorbenes Luder will dich », « Drei geile feuchte Schnecken erwarten dich », « Ich bin unendlich zärtlich .»

Ja, das zuletzt genannte Angebot könnte vielleicht etwas für mich sein.

Ich unterbreche hier, denn viele von uns sind vermutlich bestens darüber im Bild oder können sich leicht selber in verschiedenen Tageszeitungen darüber informieren, wie sexuelle Wünsche, Phantasien und Sorgen in grossser Bandbreite grosszügig absichtsvoll an uns herangetragen werden. Und Zeitungen werden bekanntlich auch während der Arbeitszeit gelesen. Nicht zuletzt auch in Amtsstuben.

Klicke ich mich ins Internet und möchte mich über ein Fussball-Resultat informieren, muss mein Auge auch hier wie selbstverständlich über Fotos, Comics und Texte gleiten, die mich weder interessieren und nur ausnahmsweise auf dumme Gedanken bringen. « Nackt-Attacke von Heidi Chum » oder « K sprengt mit ihrem Hintern den Rahmen » (mit Foto). Es genügt wohl, weitere aktuelle « hemmungslose » Beispiele zu nennen.

Seit geraumer Zeit stelle ich fest, dass arschäologische Informationen deutlich zugenommen haben. Po- und Arschfantasien sind offensichtlich wieder einmal en vogue, im Trend, aber durchaus nichts Neues. Die Menschheit scheint in unseren Tagen geiler am Arsch oder wegen fremder Ärsche geworden zu sein, wenn ich mir diese doch etwas derbe Ausdrucksweise hier erlauben darf.

Ach wo. Spätestens bei Wilhelm Busch können wir lesen :

Wie sie schauen, wie sie grüssen !
Hier die zierlichen Mosjös,
Dort die Damen mit den süssen,
Himmlisch hohen Prachtpopös.
(Die Fromme Helene)

Nackte und halbnackte schröckliche Riesenbusen, braungebrannte Riesenärsche, attraktive Frauen im wehenden Kleid und ohne Unterwäsche, Texte wie « Junge Frauen heimlich gefilmt », « Verrutschte Büstenhalter bei M « und andere reizvolle Anzüglichkeiten erscheinen täglich in unseren Medien, meist ohne Diskussionen oder gar Proteste auszulösen.

Klar, bei der Zeitung, beim Boulevardblatt könnte ich gleich weiterblättern und bei meiner spezifischen Suche im Internet verzichten, die betreffenden schröcklich gruselig geilen Bilder, Texte und Videos anzuklicken. Ich könnte alternativ zum alt bekannten und geschätzten Grossen Brockhaus greifen, um die gewünschte Auskunft zu bekommen. Doch der ist leider von mir unvorsichtigerweise schon vor Jahren entsorgt worden. Kein Schwein hat sich für die einst wertvollen und teuren Bücher interessiert. Keine Sau.

Aber manchmal tue ich es trotzdem, Ich klicke aufs anzügliche Bild oder auf den entsprechenden Text, weil ich vergessen oder gar verdrängt habe, was ich eigentlich suchen wollte, und laufe so immer wieder Gefahr, wenn nicht auf Holz- so doch auf irre Abwege zu gelangen und meine Zeit zu vergeuden und dabei wo möglich wichtigere Dinge zu versäumen.

Streifen wir zum Schluss noch kurz die wundervollen Welten des Sportes, des Tanzes, des Gesangs, der Unterhaltung bis zum coolen und tabulosen Sex-Talk am Fernsehen : welch herrlich dämliche Wunderwelt des Sexus breitet sich auch hier aus. Ich kann mir Einzelheiten hier ersparen. Sie wissen vermutlich hierbei noch um einiges besser Bescheid als ich.

Aber wir müssen ja gar nicht so weit gehen.
Wie geschieht mir, wenn ich durch Strassen und Gassen schlendere, auf abgelegenen Waldwegen, auf weiten, menschlich belebten Plätzen, mich durch den Öffentlichen Verkehr von einem Ort an einen andern bringen lasse, mich ins Büro, in ein Einkaufszentrum oder am Abend ins Theater begebe? Da bin ich in einem noch viel höheren Masse und vor allem mit allen meinen weltoffenen Sinnen all dem ausgeliefert, was unmittelbar und kaum mehr überraschend vor meinen Augen erscheint, modisch auf- und angemacht : Männer und Frauen und Kinder. Und modisch ist heute, wenn ich das mit der Kleidung meiner Mutter oder meiner Grossmutter vergleiche, dass vor allem die Frauen jeden Alters enge, ja sehr, sehr enge Beinkleider tragen, die ehrlich und offen zeigen, was darunter ist und was nicht. Und ich fange an, mich zu wundern, wie die wohl in ihre Beinkleider hinein- und dann wieder unversehrt herausgkommen. Aber eigentlich ist mir das ja Wurscht.

Zunächst ist mir da aufgefallen, dass je nach Material der Beinbekleidung, je nach Straffheit und je nach den körperlichen Voraussetzungen des Trägers und vor allem der Trägerin bei mir völlig verschiedenen Bilder, Eindrücke, Gefühle, Vermutungen und die entsprechenden Impulse entstehen.

Der Drang zur Nacktheit scheint mir unübersehbar, am extremsten bei den Mädchen und Frauen, die eine elastische Trikotage anhaben wie die Balletttänzer und -tänzerinnen aber auch die alten, kriegslustigen Eidgenossen, als sie für gehörige Bezahlung, ausgerüstet mit Hellebarde und Morgenstern, zumeist für fremde Fürsten in den Krieg zogen. Jene kampf- und todesbereiten Männer trugen bekanntlich sehr auffällige, enge, bunte Beinkleider, die unübersehbar zeigten, dass da etwas nicht nur zufällig zwischen den Beinen hängt sondern geradzu hervordrängt : das mehr oder weniger imposante Gemächt, untrügerisches Zeichen und überzeugender Beweis von urtümlicher, prahlerischer Männlichkeit. So wie Mädchen und Frauen heute in ihren eng anliegenden Beinkleidern offenbar zu zeigen scheinen, dass sich zwischen ihren Beinen rein gar nichts hervor- und in die Welt drängt. Untrügerischer Beweis und Zeichen für ungebrochen ursprüngliche Weiblichkeit.

Diese täglich zu erlebenden Hinteransichten, diese Propagierung des menschlichen Arsches, denen wir nicht auweichen können, erzeugen das Gefühl des Angezogen- oder des Abgestossenwerdens. Entweder ensteht daraus bei vielen ein Impuls zu streicheln, zu kneifen oder hineinzutreten. Diese Hintern haben vermutlich sowohl mit dem Sexus als auch mit Gewalt, Geltung und Macht zu tun, mit dem Wunsch sowohl nach Zärtlichkeit als auch mit dem Streben nach Beherrschung und Geltung. Doch überlassen wir diese brennenden Fragen den kundigen Psychologen und anderen zünftigen Menschenkennern.

Abgesehen davon erzeugen diese Ärsche, vor allem, wenn sie in Bewgung sind, in mir ganz spontan Bilder und Vorstellungen von Tieren. Die schlanke, hochbeinige Frau in hochhackigen Schuhen hat doch den typischen Gang einer Giraffe. Andere gehen oder schreiten einher wie Kühe, Nilpferde, Nashörner, Rehe, Gazellen und immer wieder wie Esel oder Pferde. Und vor allem bei den Pferden, so scheint es mir, gibt es beachtliche Unterschiede, vom muskulös schlanken Rennpferd bis hin zum massigen Ardenner.

Interessanterweise erinnert mich kein Gang an den eines Menschenaffen. Das hätte eigentlich schon Darwin zu denken geben müssen, denke ich. Aber da gibt es Menschen, die gehen tatsächlich wie bestimmte Vögel durch die Welt, wie eine Ente zum Beispiel oder wie eine Gans oder gar ein Kaiserpinguin.

Beschliessen wir hiermit diese eher bildhaft und vielleicht etwas unbedarft anmutende Art von Arschäologie und wenden uns einem weiteren Phänomen zu, das abstrakter ist und letztlich im abstrakt Ornamentalen endet : die Falten und Faltenwürfe, welche an den Beinkleidern - vor allem beim Gehen - in Erscheinung treten. Bei der elastischen Trikotage fehlen Falten weitgehend. Bei den übrigen Beinkleidern, aus Gründen, die wir hier nicht weiter verfolgen wollen, bilden sich Falten in unerwarteter Vielfalt. Da gibt es einerseits Hosen, die zeigen bloss in den Kniekehlen eine Vielfalt von Strahlen, und andererseits solche, wo eigentliche Strahlenbündel sich vor allem zwischen den Beinen zeigen. Und es gibt Beinkleider, bei denen sich sowohl in der Kniekehle als auch zwischen den Beinen eindrücklich interessante Strahlenbündel zeigen. Eine nicht einfältig sondern vielfältig faszinierende Welt, über die selten öffentlich geredet und diskutiert wird.

Es würde mich nicht wundern, wenn nicht bald eine « Akademie » Kurse anbietet, wo man lernen kann, wie diese vielfältigen Faltenbildungen zu deuten seien, so wie der Chiromant schon seit langem die Falten in den Händen schicksalhaft zu deuten in der Lage ist. Und bald einmal wird ein privater Fernsehkanal eine Lücke ausfüllen wollen : Deutung von alltäglichen Selfies, die nicht einfach etwas plump nackte Körperstellen von Männern und Frauen übermitteln sondern ineins die Falten und Faltenwürfe an fragwürdigen oder anderswie interessanten Beinkleidern. Aber dafür genügt vermutlich ein simples Selfie nicht. Faltenwürfe zeigen sich nicht nicht so sehr im Stillstand sondern wesentlich in der Bewegung. Dazu bräuchte es ein Video-Selfie.

Auf so etwas konnte Wilhem Busch noch nicht kommen. Aber ihm ist die Faltenbildung von Männerhosen und Frauenunterhosen interessant genug erschienen, darüber in « Herr und Frau Knopp » in Wort und Bild zu berichten.

Gern wendet Frau Doris anitzo den Blick
Auf Knopp sein Beinbekleidungsstück,
Welches ihr immer besonders gefiel
Durch Ausdruck und wechselndes Mienespiel.


Bald schaut's so drein mit Grimm und Verdruss,


Bald voller Gram und Bekümmernus.


Bald zeigt dies edle Angesicht

Nur Stolz und kennt keinen Menschen nicht.
Aber bald schwindet der Übermut ;
Es zeigt sich von Herzen sanft und gut,


Und endlich nach einer kurzen Zeit

Strahlt es voller Vergnüglichkeit.


Dorettens Freude herüber ist gross.
Knopp aber ist auch nicht freudelos.

Denn ihm lächelt friedlich und heiter,
Nach unten spitzig, nach oben breiter,
Weisslich blinkend und blendend schön,
Ein hocherfreuliches Phänomen.
Besonders zeigt sich dasselbe beim Sitzen,

In der Mädchensprache nennt man's Blitzen.
« Madam, es blitzt ! » ruft Kopp und lacht.


Schwupp ! Wird die Sache zugemacht.

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